Lang lebe der Tod - zwei Essays über Selbstoptimierung und Vergänglichkeit

Vergänglichkeit und Tod bleiben selbst in der hochtechnologischen Aufgerüstetheit unserer Kultur das Gewaltige, das Drohende – der individuelle, bisweilen gemeinsame Feind.
Den Zeichen des Alterns soll vorgebeugt werden, gegen Falten als sichtbare Spuren der Zeit angekämpft werden: Glätte gilt als attraktiv und erstrebenswert.

Mit Gespannte Gesichter erkundet Paul Divjak die Wahrnehmung des mediatisierten Gesichts nach dem schönheitschirurgischen Eingriff.
Die Trauer in den Fingerspitzen folgt den Repräsentationen des Todes und Ausdrucksformen von Trauer, Gedenken und Erinnern in der digitalisierten Gesellschaft und sorgt dabei für unerwartete Wiederbegegnungen mit längst vergessen geglaubten Kulturmustern.

„Mitunter scheint es, als gäbe es einen Masterplan, einen Gegenentwurf zum natürlichen Gesicht im Alter: die letztliche Vereinigung in einem Beauty-OP-Universalgesicht, das Alter, Geschlecht und Tod überwindet und sich durch Quasi-Mumifizierung zu Lebzeiten auszeichnet. Seine Manifestationen sind ein Mash-up aus Nose-Jobs, misslungenen Botox- und Eigenfett-Unterspritzungen und wiederholten Faceliftings bis in die Tiefen der Knochenhaut.“ (Aus: Gespannte Gesichter)

„Der Mensch sei das einzige Lebewesen, das wisse, dass es sterben werde, heißt es immer wieder. Eine humane Überheblichkeit, diese Annahme, führt uns der Gedanke doch die subjektive Beschränktheit unseres Denkens vor Augen. Denn: Wer hat sich jemals schon mit einem anderen, nichtmenschlichen Lebewesen über die Wahrnehmung von Endlichkeit und etwaige Todes- und Verlustängste ausgetauscht?“
(Aus: Die Trauer in den Fingerspitzen)

„Zur R.I.P.-Kultur ist allerdings bislang wenig Erhellenderes geschrieben worden."
Kirstin Breitenfellner, Der Falter 43/20